Wien und der Klavierbau haben sich gegenseitig geschichtlich geprägt. Dies ist amtsbekannt. Jedoch waren und sind auch Frauen ein wichtiger Teil dieser Entwicklung und sind heute nicht mehr nur hinter den Kulissen tätig.
Lange Zeit war der Klavierbau eine reine Männerdomäne. Da das Handwerk auch viel physische Kraft erfordert – etwa beim Arbeiten mit schweren Holzteilen oder beim Spannen der Stahlsaiten, hatten es Frauen schwer, in dieser Branche Fuß zu fassen. Dennoch spielten Frauen im Klavierbau eine zentrale Rolle, wenn auch oft hinter den Kulissen. In Familienbetrieben arbeiteten Ehefrauen und Töchter mit, nähten Filze für die Hämmer, polierten Gehäuse und fertigten Saiten. Besonders im Bereich der Intonation – also der klanglichen Feinabstimmung der Hämmer – bewiesen Frauen eine außergewöhnliche Sensibilität. Die offizielle Anerkennung blieb ihnen jedoch meist verwehrt.
In der Geschichte des Klavierbaus sind nur wenige Frauen namentlich bekannt. Eine von ihnen war Nannette Streicher (1769–1833), geborene Stein, die Tochter des Augsburger Klavierbauers Johann Andreas Stein. Gemeinsam mit ihrem Mann Johann Andreas Streicher führte sie eine erfolgreiche Klavierwerkstatt in Wien. Ihre Instrumente genossen hohes Ansehen bei Komponisten wie Beethoven, der eng mit der Familie Streicher befreundet war. Nannette Streicher war nicht nur eine ausgezeichnete Handwerkerin, sondern auch eine wichtige Unternehmerin, Netzwerkerin und Gründungsmitglied der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Trotz ihres immensen Einflusses auf den Klavierbau wurde sie lange kaum beachtet.
Klavierbauerinnen heute
Heute verändert sich das Bild. Immer mehr Frauen entdecken den Klavierbau als Beruf und bringen frischen Wind in die Branche. Sie kombinieren traditionelles Handwerk mit modernen Techniken und setzen neue Maßstäbe in Design und Klang. Bestes Beispiel ist die Wienerin Isabella Hahn, die im Klavierbau ihre Berufung fand und die Meisterschule in Deutschland besucht.
Auch im Bereich der Klavierstimmung sind Frauen bereits länger auf dem Vormarsch. Gerade hier kommt es auf ein feines Gehör und viel Geduld an – Eigenschaften, die oft mit Frauen assoziiert werden. Eigenschaften, die auch die Klavierstimmerin Yoko Yamaguchi mitbringt und mit diesen seit fast 20 Jahren die Klaviere im Klavierhaus Förstl stimmt.
Zukunft des Klavierbaus: Ein Handwerk im Wandel
Der Klavierbau steht heute vor neuen Herausforderungen. Digitalisierung und Automation haben den Markt verändert. Auch wenn die Zahl der Auszubildenden in der Klavierbaubranche rückläufig ist, ist die Nachfrage nach guten Klavierbauer:innen und deren Tätigkeiten gegeben. Speziell in der Wartung und im Service der Instrumente schätzen vor allem Musikschaffende ihr Wissen.
Der Klavierbau ist eine Kunst, die von Generation zu
Generation weitergegeben wird. Während Frauen lange im Hintergrund wirkten,
treten sie heute immer mehr in den Vordergrund – als Meisterinnen der
Klangkunst, Unternehmerinnen und Innovatorinnen. Ihr Einfluss auf den Klang der
Musik ist nicht mehr zu überhören. V
Und nun ist es offiziell, dass das folgende Meisterklavier aus Wien den Namen einer Frau trägt. Wir hoffen, dass Isabella Hahn viele Mädchen und Frauen dazu inspiriert, den Schritt in diesen Beruf zu wagen. Denn es ist ein sehr schöner Beruf!
Isabella Hahn wird Österreichs einzige Klavierbaumeisterin
Wir könnten vor Stolz platzen!
Tradition und Handwerkskunst: Die Wiener Sachertorte und der Klavierbau
Eine Ode an den Klavierbau von Klavierbaumeisterin Isabella Hahn
„Ein Klavier soll nicht STIMMEN, es soll KLINGEN…“
Über das Klavierstimmen von Klavierbaumeisterin Isabella Hahn